Eine Schreckensherrschaft: Kraftmeierei, Überheblichkeit, kein Funken Sinn für Humor.
Geburtsdatum 11.1.1884
Geburtsort Steinfeld
Todesdatum 16.2.1944
Todesort KZ Lublin
Gottlieb Demoser, ein gelernter Fleischhauer und Arbeiter, der mit seiner Familie in Greifenburg lebte, war bereits 59 Jahre alt, als er in das Visier der Nationalsozialisten geriet. Am 8. November 1943 saß er, wie gewohnt, mit seiner Frau Anna und seiner Tochter Margarethe beim Mittagessen, als Gestapobeamte in der Wohnung auftauchten und ihn vom Tisch weg festnahmen.
In der Chronik des Gendarmeriepostens Greifenburg findet sich zu diesem Tag folgende Eintragung: „Der Fleischhauer und Hilfsarbeiter Gottlieb Demoser hat sich im Gasthause der Maria Holzmann in Greifenburg in abfälliger Weise über den Führer und den Reichsmarschall Göring geäußert und die deutsche Kriegsführung kritisiert. Er wurde deshalb festgenommen.“
Schon Anfang September war Gottlieb Demoser wegen dieser angeblichen Äußerung über Göring drei Wochen lang in Gestapo-Haft in Spittal gewesen, aber wieder frei gelassen worden. Nun aber überstellte ihn die Gestapo nach kurzer Zeit in das Gestapo-Gefängnis in Klagenfurt. Die Entscheidung war gefallen: Gottlieb Demoser sollte aus politischen Gründen in ein Konzentrationslager überstellt werden. Nur kurze Zeit später, am 4. Dezember 1943, wurde er in das KZ Dachau eingeliefert und dort als politischer Häftling (Schutzhaft) mit der Häftlingsnummer 59278 registriert.
Knapp einen Monat später, am 11. Jänner 1944, es war zugleich sein 60. Geburtstag, deportierte ihn die SS nach Polen, in das damalige Generalgouvernement, genauer: in das Konzentrations- und Vernichtungslager Majdanek in Lublin. Schon etwas mehr als vier Wochen nach seinem Abtransport aus Dachau starb der vierfache Familienvater. In einer Nachricht an seine Frau Anna Demoser gaben die NS-Behörden des Generalgouvernements das Todesdatum mit 16. Februar 1944 an. Die genaue Todesursache und der genaue Todesort gehen aus den erhalten gebliebenen Dokumenten nicht hervor.
Welche Informationen seine Frau erhielt und was sie öffentlich kundtun durfte, ist dem Partezettel der Familie zu entnehmen. Dort heißt es: „Vom tiefsten Schmerze gebeugt, geben wir bekannt, dass mein lieber Gatte, bzw. Vater, Bruder, Schwager und Onkel, Herr Gottlieb Demoser, Fleischhauer, am 16. Februar 1944 im Krankenhaus in Lublin, nach kurzem schweren Leiden, im 61. Lebensjahre plötzlich und unerwartet für immer von uns gegangen ist.“
Eine gleichlautende Todesanzeige war am 22. März 1944 in der Kärntner Zeitung zu lesen. Informiert über den Tod von Gottlieb Demoser wurde auch der Gendarmerieposten Greifenburg. Die Angaben im Protokoll liegen wohl näher an der Wahrheit als jene, die gegenüber der Familie gemacht worden sind. Im Protokoll steht zu lesen: „Der am 8.11.1943 wegen abfälliger Äußerungen über den Führer und Reichsmarschall Göring festgenommene Gottlieb Demoser ist in einem Konzentrationslager im Generalgouvernement an Typhus gestorben.“
Das Konzentrationslager Majdanek war bis Ende 1943 vor allem ein Arbeitslager für polnische politische Häftlinge und Juden gewesen (letztere wurden dort zu Tausenden erschossen). Ab der Jahreswende 1943/44 erfüllte es im Lagerkosmos der SS die Funktion einer Mordstätte für kranke Häftlinge, die aus anderen Lagern herangekarrt wurden. Man kann resümieren: Anfang September 1943 wurde Gottlieb Demoser in Greifenburg denunziert, im November verhaftete ihn die Gestapo, im Dezember befand er sich bereits im KZ Dachau; nach knapp vier Wochen war er körperlich so zu Grunde gerichtet, dass die SS keine Arbeitsleistung mehr erwartete. Es folgte der Transport nach Polen in das KZ Majdanek. Gottlieb Demoser starb weder „unewartet“, noch „plötzlich“.
Die Äußerung, für die Gottlieb Demoser denuziert worden war, ergab sich aus einem Gespräch am Wirtshaustisch über den Kriegsverlauf. Der Befehlshaber der deutschen Luftwaffe, Hermann Göring, hatte zu Kriegsbeginn verkündet: „Ich will Meier heißen, wenn auch nur ein feindliches Flugzeug über die deutschen Grenzen kommt.“ Angesichts des tatsächlichen Kriegsverlaufs stellte Gottlieb Demoser fest, Göring müsste nicht bloß Meier, sondern bereits Obermeier heißen.
Chronik des Gendarmeriepostens Greifenburg DÖW 18858/8; Karntner Zeitung, 22.3.1944; Archiv Gedenkstatte Dachau (6.2.2004); Nachlass Anna Demoser; Interview mit Margarethe Oberdünhofen (Tochter), 10.6.2005
Thomas Kranz: Das KL Lublin zwischen Planung und Realisierung, in: Ulrich Herbert et.al. (Hg.): Die nationalsozialistischen Konzentrationslager, Band 1, München 2002, S. 363 -389