Lisa Rettl/Peter Pirker, Die Partisanengruppe von Treffen. Aufbau, Aktionen, Erinnerungen, aus: Peter Pirker/Anita Profunser (Hg.), Aus dem Gedächtnis in die Erinnerung. Die Opfer des Nationalsozialismus im Oberen Drautal, Klagenfurt/Celovec 2012. | PDF
Koroška/Kärnten braucht eine offene und zukunftsorientierte Erinnerungskultur. Das Buch Koroška/Kärnten. Wege zu einer befreienden Erinnerungskultur (Mandelbaum Verlag 2022) lotet aus verschiedenen Perspektiven aus, wie das gelingen kann. Ausgangspunkt ist der Domplatz im Herzen von Klagenfurt/Celovec, ein Platz mit einer reichhaltigen Geschichte. In dieser spiegelt sich vieles vom Lauf der Kärntner Geschichte und der Form wider, wie diese erinnert wird: eine Erzählung geprägt von Auslassungen, Umdeutungen und Verzerrungen.
Ausgehend von neuen Forschungsergebnissen reflektieren die Beiträge aus wissenschaftlicher, künstlerischer und aktivistischer Perspektive die Auseinandersetzung mit den widersprüchlichen Erinnerungen und vielfältigen Erfahrungen von Widerständigen, Opfern und Täter:innen. Sie gehen davon aus, dass eine neue Erinnerungskultur eine befreiende Wirkung entfalten kann. Daraus ergeben sich Impulse für Wege in die Zukunft einer zwei- und mehrsprachigen emanzipatorischen Gesellschaft, in der sowohl Kärnten als auch Koroška in ihrer Vielfalt Platz finden.
Hier der Beitrag von Peter Pirker: Alte Traditionspflege oder neue Erinnerungskultur? Waffen-SS, Wehrmacht und das Bundesheer in Kärnten | PDF.
Der Historiker Arie Jan Meijer veröffentlichte im Juli 2020 in der Zeitschrift OP D'IJSSEL einen Aufsatz über Marinus Oosterom, der 1943/44 zehn Monate lang als Zwangsarbeiter der Berliner Rüstungsfirma Thermo Technik in Greifenburg lebte. Im Juni 1944 starb Marinus Oosterom nach einem Arbeitsunfall in der Fabrik.
Arie Jan Meijer fertigte für uns auch einen Übersetzung ins Deutsche an. PDF
Ein neuer Artikel der beiden italienischen Autoren Enrico Barbina und Juij Cozianin, Mitglied des Vorstandes des Partisanenverbandes Osoppo Friuli, rekonstruiert die gescheiterten britischen Versuche, im Sommer 1944 die Eisenbahnlinie zwischen Greifenburg und Sillian zu sprengen. Über die Strecke wickelte die Wehrmacht Nachschublieferungen an die italienische Front ab.
Die beiden Autoren beschreiben vor allem die beteiligten jüdischen Flüchtlinge aus Österreich und Deutschland, die diesen hochriskanten Versuch im Rahmen ihrer Tätigkeit für den britischen Geheimdienst SOE durchführten: Otto Karminski, Alan Gran (urspr. Noe Czupper) und Edward Lees (urspr. Erhard Saar).
Der Verein aegide konnte den beiden Autoren bei ihren Recherchen mit vielen Informationen helfen. Der Artikel ist in der Udineser Zeitschrift La Panarie in italienischer Sprache erschienen und hier nachlesbar: Autunno 1944, Danbury sul Monte Pala.
Ein Artikel in deutscher Sprache dazu:
Peter Pirker: Unzureichende Wolkendecke. Otto Karminski, Alan Grant und Edward Lees, in: Patrick Martin-Smith: Widerstand vom Himmel, Wien 2004, 229-249.
Auf unserem Denkmal stehen die Namen der Widerstandskämpfer Hubert Mayr, Georg Dereatti und Rudolf Moser. Trotz intensiver Recherchen konnten wir ihr "Verschwinden" im Herbst 1944 nicht klären.
Die Auswertung von Akten der jugoslawischen Geheimpolizei Ozna im slowenischen Staatsarchiv in Ljubljana geben nun neue Hinweise. Sie zeigen, dass den drei Männern die Flucht vor der Kärntner Gestapo mit Hilfe der Gailtaler Kompanie der slowenischen Partisanen in Kärnten zwar gelungen ist, sie dann aber im slowenisch-italienischen Grenzgebiet in der Nähe von Gorizia/Gorica von der Ozna festgenommen, verhört und wahrscheinlich auch umgebracht worden sind.
Peter Pirker und Ivo Jevnikar haben die Recherchen in einem ersten Artikel für die Kulturbeilage Spectrum der Tageszeitung Die Presse zusammengefasst. Der Artikel mit dem Titel "So geheim wie möglich" erschien am Samstag, 15. April 2018 und ist hier als PDF nachzulesen.
In den slowenischsprachigen Zeitschriften Mladika (PDF) und Novi Glas (PDF) sind ebenfalls Artikel erschienen.
Ein ausführlicher Artikel von Peter Pirker mit dem Titel Desaparecidos in den Alpen. Zum Verschwinden des Revolutionären Sozialisten Hubert Mayr und des Wehrmachtsdeserteurs Rudolf Moser im Herbst 1944, erschien 2021 in der Festschrift für Klaus Eisterer (Thomas Albrich/Ingrid Böhler (Hg.): Österreich – Spanien – Lateinamerika. Festschrift für Klaus Eisterer, Innsbruck 2021, 207–228) | PDF.
Zu den Quellen siehe die Einträge bei Hubert Mayr, Rudolf Moser und Georg Dereatti.
Der Aufstieg des Nationalsozialismus - Ein Flugblautt aus Oberdrauburg oder NS-Ideologie und politisch-ökonomische Rahmenbedingungen - Einbruch in die Gemeinden - Illegalität und Terror in Greifenburg - Die ersten Toten: Der Putschversuch 1934 - Die Arbeiterbewegung im Oberen Drautal - März 1938: Pogromartige Ausschreitungen - Eine Demonstration der anderen Art - Arbeitszwang, "Fürsorge" und Kriegswirtschaft - Gewalt gegen ZwangsarbeiterInnen - Rassismus und sexuelle Gewalt - Die Ermordung der "Ballastexistenzen" - Gezieltes Vorgehen gegen politische Gegner - Volkgsgemeinschaft: Tödliche Verbindung von Kriegs- und Heimatfront - Herbst 1944: Widerstandsversuche und Abwehr - Verbrechen und Überleben in der Endphase.
Pirker_Der_Nationalsozialismus_im_Oberen_Drautal.pdf
Quelle: Peter Pirker/Anita Profunser (Hg.): Aus dem Gedächtnis in die Erinnerung – Die Opfer des Nationalsozialismus im Oberen Draual, Klagenfurt, Drava Verlag, 2012, 26-75
Jedes Jahr am zweiten Mai-Wochenende veranstaltet der vom Dokumentationszentrum des Österreichischen Widerstandes (DÖW) als rechtsextremistisch eingeschätzte Verein "Bleiburger Ehrenzug" in Bleiberg/Pliberk eine Gedenkveranstaltung zu Ehren der Armee des faschistischen Ustaša-Staates. 2017 versammelten sich 10.000 überwiegend aus Kroatien kommende TeilnehmerInnen am Loibacher Feld. Medien dokumentierten wiederholt Personen, die den kroatischen Faschismus, der zwischen 1941-45 einen Satellitenstaat NS-Deutschlands bildete, verherrlichen und damit auch den vom Ustaša-Staat verübten Massenmord an Jüdinnen und Juden, Sinti und Roma und SerbInnen.
Die "Initiative gegen Ustaša- & Nazi-Treffen in Kärnten/Koroška" fordert die österreichische Regierung auf, dagegen einzuschreiten. Der Verein aegide hat bereits im Vorjahr die Proteste gegen dieses revisionistische Treffen unterstützt. Die aktuelle Petition kann hier unterschrieben werden.
Die Veranstaltung in Bleiberg/Pliberk wird offiziell als Gedenkveranstaltung für jene faschistischen und mit NS-Deutschland verbündeten Truppen organisiert, die vor der jugoslawischen Armee vom Balkan nach Kärnten flüchteten, um sich den Briten in Kärnten zu ergeben. Gemäß den bestehenden alliierten Vereinbarungen fielen sie in die Kriegsgefangenschaft Jugoslawiens und wurden deshalb aus Kärnten abtransportiert. Auf jugoslawischen Staatsgebiet wurden sie von jugoslawischen Armeeeinheiten selektiert, zu einem kleinen Teil vor Kriegsgerichte gestellt, zum größten Teil aber ohne Gerichtsverfahren, also auf verbrecherische Weise, erschossen. Die genaue Zahl der Toten ist unbekannt, liegt nach jüngsten Schätzungen aber bei etwa 50.000.
Weitere Informationen zur Geschichte des Ustaša-Gedenkens in Bleiburg/Pliberk finden sich hier.
Methodik des Projektes "Aus dem Gedächtnis in die Erinnerung" – Verlauf des Projektes seit 2005 – Klarstellungen zum Begriff Opfer und dem Begriff der politischen Verfolgung – Gegenteil der Politik der Volksgemeinschaft – Kärntner Amnesie
Pirker_Profunser_Einleitung.pdf
Quelle: Peter Pirker/Anita Profunser (Hg.): Aus dem Gedächtnis in die Erinnerung – Die Opfer des Nationalsozialismus im Oberen Draual, Klagenfurt, Drava Verlag, 2012, 14-17
Im dichten Schneetreiben auf einem Feld nahe des Bahnhofs Greifenburg hat der Kulturverein kuland mit dem Künstler Hans-Peter Profunser am 28. Oktober 2012 die Gedenkstätte für die Opfer des Nationalsozialismus im Oberen Drautal eröffnet. Das Ereignis selbst war ungewöhnlich genug – es handelte sich um die Einweihung des ersten Denkmals für WiderstandskämpferInnen und Verfolgte in Kärnten westlich von Villach seit 1945. Überraschend und erfreulich war für die VeranstalterInnen, dass trotz unwirtlicher Bedingungen fast 200 Menschen an der Eröffnungsfeier teilnahmen.
Von der Konfrontation hier weiterlesen...
Erläuterungen zum Denkmalkonzept von Hans-Peter und Anita Profunser